Der Winter in der TCM

Winter Wasser Element

Zeit für Rückzug, Ruhe und Regeneration

 

Ich schreibe heute aus Schweden, wo wir uns im Herbst ein kleines Häuschen an einem großen See gekauft haben und nun das erste Mal Zeit verbringen. Die Tage sind klirrend kalt, relativ kurz (Sonnenaufgang um 9 Uhr, Sonnenuntergang um 16 Uhr), aber die Luft ist herrlich klar und wenn es nicht gerade schneit, scheint auch schonmal die Sonne!

 

Unter Kälte zieht sich alles zusammen: die Natur verlangsamt sich, die Säfte der Pflanzen ziehen sich zurück, viele Tiere halten Winterschlaf und die Erde ist gefroren. Es werden nur noch überlebenswichtige Funktionen erfüllt. Um die Wärme für den Betrieb der lebenswichtigen Organe aufrecht zu halten, zieht unser Körper, unter starker Kälte, das Blut aus unseren Gliedmaßen zurück. Wir tun gut daran, wenn wir uns in dieser Jahreszeit an die energetische Qualität anpassen, indem wir die Aufmerksamkeit auf innere Prozesse lenken und unseren Körper warmhalten.

Der Winter in der TCM ist die Zeit der Ruhe, des Rückzugs und der Regeneration – auch in der Natur. Aber für viele von uns ist das eine Herausforderung. Wie wollen wir dem harmonischen Ablauf des Lebens folgen, wenn unser moderner Lebensstil diesem Gesetz der Natur nicht mehr folgt? Wenn du das Gefühl hast, innerlich unruhig zu sein, nicht zur Ruhe kommen zu können, dann hast du deine Grenzen überschritten. Du hast deine Vorräte aufgebraucht. Das bedeutet auch, dass du mehr leisten möchtest, als du tust. In der TCM nennen wir das Nieren Yin Mangel. Unruhe, Müdigkeit, Schlaflosigkeit, trockene Schleimhäute, nächtliche Schweißausbrüche, Osteoporose, Schwindel, Ohrensausen, Gedächtnisschwäche, Kreuzschmerzen, ausfallende/locker sitzende Zähne stehen in Verbindung mit diesem Syndrom. Ohne Änderung des Lebensstils ist es schwer möglich die Nieren zu stärken. Neben der richtigen Ernährung, sind Entschleunigung, mehr Ruhe und guter Schlaf elementar. Das bedeutet im Idealfall auch früher schlafen gehen und acht Stunden am Stück schlafen. Die beste Zeit ist dabei zwischen 22 Uhr nachts und 6 Uhr früh, da kann sich das Yin besonders gut aufbauen.

 

Deine Ernährung im Winter

Im Winter wächst bei uns nicht mehr allzu viel, darum gibt es vermehrt Lagerware wie Äpfel, Karotten und Kartoffeln. Dennoch fällt es schwer auszumachen, welches Obst und Gemüse aus regionalem Anbau zu haben ist, denn die Auswahl im Supermarkt ist – wie immer – riesig. Aber: Das meiste davon kommt von weit her oder aus dem Gewächshaus.
Warum wir dieses Obst und Gemüse nicht kaufen sollten, hat gute Gründe:

🚫 Die weiten Transportwege und das Beheizen der Gewächshäuser zerstören unser Klima.

🚫 Der Anbau erfolgt in Regionen, die sowieso schon unter Wassermangel leiden.

🚫 Und: Dieses Obst und Gemüse hat nicht nur weniger Geschmack, sondern auch kaum Vitamine.

Deshalb: Nutze das überschaubare Angebot an saisonalen Zutaten im Januar für einfache Gerichte, die dich nicht viel Zeit kosten und trotzdem nähren. Aus Sicht der TCM tun das jetzt besonders Suppen und Eintöpfe mit einer Extraportion Wärme und Energie. Für Anregungen schau gerne bei meinen Rezepten vorbei, dort findest du jede Menge Leckeres für die Jahreszeit 🍲🤗

 

TCM-Tipps für den Winter

Wenn wir unsere Lebensessenz („Jing”) über längeren Zeitraum strapazieren und uns zu wenig Ruhe und Regeneration gönnen, kann es zu chronischer Müdigkeit und depressivem Verhalten kommen. Unsere Willenskraft schwindet. Wir erstarren, uns ist ständig kalt (vor allem die Beine und die Taille), wir empfinden kein sexuelles Verlangen mehr. Wenn du das kennst und dich so fühlst, dann ist es jetzt an der Zeit loszulassen, dir keine neuen Ziele mehr zu setzen, sondern dich auf die Gegenwart zu konzentrieren und dich ein wenig (oder auch mehr) zu entspannen. Passe deinen Lebensrhythmus an und lerne das Leben zu respektieren.

 

Bei Ermüdungserscheinungen ist Hafertee empfehlenswert.

Bio-Haferkörner in einen Topf geben und so viel Wasser hinzugeben, dass die Körner bedeckt sind. Über Nacht einweichen. Am nächsten Tag 20-30 Minuten kochen, abseihen und trinken. Dosierung: 100 g Hafer auf 1 l Wasser für 2 Tage (jeweils 2 Portionen).

 

Gegen Kälte wirken wärmende und scharfe Gewürze:

Gewürze wie Ingwer, Zimt, Nelken oder Chili wirken innerer Kälte entgegen, genauso wie depressiven Verstimmungen. Weil der scharfe Geschmack das Qi, sprich unsere Energie, nach oben zieht, können in der dunklen, kalten Jahreszeit Gerichte wie Chili sin/con Carne oder scharfe Thaisüppchen wie Stimmungsaufheller wirken. Bei starker Kälte kann man diese Gewürze auch als Tee zubereiten.

 

Gojibeeren nähren das Jing

Gojibeeren (Bocksdornfrüchte, Fructus Lycii) werden in der chinesischen Medizin als eine der wenigen Pflanzen angesehen, welche unsere Jing nähren können, und auch Blut und Nieren-Yin aufbauen. Sie sind zwar nicht heimisch, aber fast überall erhältlich und gedeihen auch in unseren Breiten. Gojibeeren sind sehr wirksam bei Seh- und Hörproblemen, trockenen Augen, Schwindel unbekannter Herkunft, schwacher Hüfte und Knien, Müdigkeit oder ausbleibender Menstruation aufgrund von Blutmangel.

Du kannst Gojibeeren als Tee kochen, zu Teemischungen hinzu fügen, im morgendlichen Porridge oder auch in Suppen oder Eintöpfen mitkochen. Einen puren Tee bereitet man in Form eines starken Dekokts zu: Dafür 10 g Gojibeeren in 0,25 l Wasser 25 Minuten bei schwacher Hitze kochen. Abseihen und die bereits gekochten Beeren erneut mit 0,25 l Wasser bedecken und weitere 25 Minuten kochen lassen. Die beiden Aufgüsse mischen und warm trinken.

 

Goldrute, Thymian und Wacholder gegen Blasenprobleme

Wenn das Nieren Qi erschöpft ist, äußert sich das auch oft in Blasenproblemen. Da die Blase sich nach außen öffnet, ist sie exponiert, aber mit einem starken Immunsystem und einem guten Qi ist das kein Problem. Wird unser Körper jedoch geschwächt und funktioniert die Abwehr nicht mehr so gut, kann Kälte und andere pathogene (krankmachende) Faktoren in unseren Körper und unsere Blase eindringen. Handeln wir nicht, kann es zur Blasenentzündung kommen.

Die Goldrute ist das Nierenmittel erster Wahl. Sie bewirkt eine direkte Leistungssteigerung der Nieren, wirkt flüssigkeitsausschwemmend, entzündungshemmend und krampflösend, schmerzlindernd, antibakteriell, ausgleichend auf das Immunsystem und pilzhemmend (speziell bei Candida-Infektionen). Von innen heraus stärkt die Goldrute in schwierigen Lebensphasen nicht nur die Nieren und lässt Ödeme rascher abschwellen, sondern sie spendet auch emotionale Ausdauer, wenn einem eine Situation „an die Nieren geht“. Wie andere nierenstärkende Pflanzen, stimuliert die Goldrute auch die Nebennieren, die durch Ängste oder Stress überlastet sein können.

 

Dosierung als Tee: 1 Teelöffel Kraut pro Tasse mit heißem Wasser übergießen, ziehen lassen, abseihen und trinken. Kann auch über längere Zeit getrunken werden.

 

Thymian und Wacholder wärmen die Nieren und desinfizieren die Blase. Thymian kann als Tee getrunken werden, dazu mit heißem Wasser übergießen, ziehen lassen und trinken. Wacholder regelmäßig als Gewürz verwenden.

 

Wenn du unter Blasenentzündungen leidest, dann hör dir gerne auch meine Podcastfolge zum Thema an. Du findest sie >>HIER.