Der Winter ist keine Zeit des Wachstums
2. Januar 2024Der Winter ist die Zeit der Ruhe und des Rückzugs
Für uns modernen Menschen ist das eine Herausforderung. Wie wollen wir dem harmonischen Ablauf des Lebens folgen, wenn unser moderner Lebensstil diesem Gesetz der Natur nicht mehr folgt?
Wusstest du, dass der ursprüngliche römische Kalender nur 10 Monate hatte? Das Jahr begann im Frühling und endete nach der Ernte, wobei die Wintermonate aus dem Kalender ausgeschlossen wurden. Da nichts wuchs, war es nicht nötig, die Zeit zu messen. Im Winter gab es also buchstäblich keine Zeit.
Keine Zeit. Kannst du dir das vorstellen? Kein Montag, kein Dienstag… einfach nur Pause.
Es verrät uns viel über die Entwicklung unserer Kultur, dass wir uns weg von der Verbindung mit dem Land und den Rhythmen der Natur bewegt haben. Denn was uns von diesem Rhythmus abgebracht hat, ist unsere Gesellschaft, die uns ständig zum Wachstum antreibt. Aber was ist, wenn es im Winter nicht um Wachstum geht? Wirtschaftliches Wachstum, persönliches Wachstum… jegliches Wachstum. Wenn es einfach nur ums Innehalten geht?
Es ist das, was uns die Natur immer noch und immer wieder zeigt und was auch aus Sicht der TCM gilt: Der Winter ist keine Zeit des Wachstums. Es geht darum, Inne zu halten, auszuruhen und zu regenerieren.
Das Wasser-Element nähren
So kann das Wasser-Element im Frühling unsere Lebensgeister nähren und das Holz-Element zur Entfaltung bringen. Im Zyklus der 5 Elemente wird das dem Winter zugeordnete Wasser-Element gerne als das erste Element angesehen, das die dynamischen Beziehungen aller Elemente untereinander in Gang setzt. Deshalb ist die Pflege des Wasser-Elements, der Schutz unserer Essenz, zu jeder Jahreszeit und in jedem Alter wichtig. Besonders aber in einem großstädtischen Lebensstil, der den natürlichen Rhythmen der Natur nicht folgt und von uns im Winter ebenso viel Aktivität abverlangt wie im Sommer. Nutzen wir also bewusst die dunklere Zeit des Winters, um zur Ruhe zu kommen und Körper und Seele zu nähren.
Wenn du das Gefühl hast, innerlich unruhig zu sein und gar nicht zur Ruhe kommen zu können, dann hast du deine Grenzen überschritten. Du hast deine Vorräte aufgebraucht. Das bedeutet auch, dass du mehr leisten möchtest, als du tust. Unruhe, Müdigkeit, Schlaflosigkeit, trockene Schleimhäute, nächtliche Schweißausbrüche, Osteoporose, Schwindel, Ohrensausen, Gedächtnisschwäche, Kreuzschmerzen, ausfallende und locker sitzende Zähne stehen in Verbindung mit einem Syndrom, das die TCM Nieren Yin Mangel nennt. Die Nieren gelten in der TCM als Speicher unserer Lebenskraft und wenn wir unsere Nieren- bzw. Lebensenergie („Jing”) über längeren Zeitraum strapazieren, kann es zu chronischer Müdigkeit und depressivem Verhalten kommen. Unsere Willenskraft schwindet. Wir erstarren, uns ist ständig kalt (vor allem die Beine und die Taille), wir empfinden kein sexuelles Verlangen mehr und haben mit den o.g. Symptomen zu kämpfen.
Ohne Änderung des Lebensstils wird es schwer möglich sein, wieder zu Kräften zu kommen. Neben der richtigen Ernährung, sind Entschleunigung, mehr Ruhe und guter Schlaf elementar. Das bedeutet im Idealfall auch früher schlafen zu gehen und 8 Stunden am Stück zu schlafen. Die beste Zeit ist dabei zwischen 22 Uhr nachts und 6 Uhr früh, da kann sich das Yin besonders gut aufbauen.
Mit der richtigen Ernährung der Kälte trotzen
Die Prinzipien der Ernährung im Winter sind vor allem der Kälte zu trotzen und das Innere zu stärken. Und die dafür aktuell wichtigste Zutat dafür sind Hülsenfrüchte.
Ich möchte sie dir speziell in dieser Jahreszeit wirklich ans Herz legen – vorausgesetzt du verträgst sie gut. Egal auf welche Art du sie zubereitest, sie sättigen und versorgen dich im Winter mit den richtigen Nährstoffen – egal ob als Linsensuppe, Bohneneintopf oder im morgendlichen Porridge.
Das Schöne an einer Suppe oder einem Eintopf ist natürlich wie immer, dass du sie in einem großen Topf zubereiten kannst und dann mehrere Tage davon essen kannst, während sie von Mal zu mal leckerer wird. Und nein, die TCM hat nichts gegen Aufwärmen – ganz im Gegenteil! Mit jedem Kochprozess kommt noch mehr Qi dazu 🤗
Bei empfindlicher Verdauung empfehle ich dir, Linsen mit Algen zu kochen, denn das erhöht ihre Bekömmlichkeit, genauso wie verdauungsfördernde Gewürze (Anis, Bockshornkleesamen, Fenchel, Kümmel, Ingwer…). Wenn du regelmäßig kleine Mengen Hülsenfrüchte konsumierst, wird das auch die Produktion der richtigen Verdauungsenzyme anregen. Und: Je weicher und wässriger du die Linsen kochst, desto bekömmlicher sind sie.
Ginseng gegen Nierenerschöpfung
Hilfe bietet hier das aus China bekannte „Wundermittel” Ginseng. Es gibt verschiedene Arten von Ginseng. Bei Nierenerschöpfung wird Panax-Ginseng eingesetzt. Er nährt unser Ur-Qi und füllt uns mit Energie, vitalisiert und wärmt den Körper. Aber Vorsicht bitte bei der Dosierung! Was so gut klingt, kann leicht überdosiert werden und zu Kopfschmerzen, Unruhe und Herzrasen führen. Die Einnahme von Ginseng sollte daher von einem TCM-Arzt oder -Therapeuten bestimmt werden.
Haftertee gegen Ermüdungserscheinungen
Bei Ermüdungserscheinungen empfiehlt die TCM Hafertee, der einfach zuzubereiten ist:
Für 2 Portionen 100g Bio-Haferkörner in einen Topf geben und mit 1 Liter Wasser übergießen. Über Nacht einweichen lassen. Am nächsten Tag circa 20-30 Minuten kochen, abseihen und trinken.
Wärmende Gewürze gegen Kältesymptome
Gegen Kälte sind wärmende und scharfe Gewürze wunderbar, zum Beispiel Anis, Zimtstangen, Nelken, Cayenne, Chili und Ingwer. Mehr über Gewürze und ihre Wirkung nach TCM erfährst du >>HIER.
Goji-Beeren bauen die Nierenenergie auf
Goji-Beeren (Bocksdornfrüchte, Fructus Lycii) gelten in der chinesischen Medizin als eine der wenigen Pflanzen, die unsere Essenz (Jing) nähren und das Blut- und Nieren-Yin stärken können. Sie sind zwar nicht einheimisch, aber fast überall erhältlich und haben in den letzten Jahren als Superfood an Popularität gewonnen. Wenn du von ihren vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten profitieren möchtest, kannst du sie als Tee zubereiten, in Teemischungen geben, im Frühstücksbrei oder in Suppen mitkochen. Einen reinen Tee bereitet man als starken Aufguss zu: 10 g Gojibeeren in 0,25 l Wasser circa 25 Minuten bei schwacher Hitze kochen. Abseihen und die gekochten Beeren erneut mit 0,25 l Wasser bedecken und weitere 25 Minuten kochen lassen. Beide Aufgüsse mischen und warm trinken.
Was du gegen Blasenprobleme tun kannst
Ist das Nieren-Qi erschöpft, äußert sich dies meist in Blasenproblemen. Da sich die Blase nach außen öffnet, ist sie exponiert, aber mit einem starken Immunsystem und gutem Qi ist das kein Problem. Wenn unser System geschwächt ist und die Abwehr nicht mehr so gut funktioniert, können Kälte und andere schädliche Faktoren in unser System und in unsere Blase eindringen. Wenn wir nichts dagegen unternehmen, kann es zu einer Blasenentzündung kommen. Thymian und Wacholder wärmen die Nieren und desinfizieren die Blase. Mehr zum Thema Blasenentzündungen findest du >>HIER.